COOOLE Welt

Wie wäre die Welt, wenn alle Menschen das Down-Syndrom hätten? Mit dieser Frage haben sich 15 junge Menschen mit Down-Syndrom in dem Projekt „COOOLE WELT“ beschäftigt. Am 17. Oktober 2021 wurden die Ergebnisse im silent green Kulturquartier präsentiert.

Auf dieser Illustration steht: "Alle haben das Downsyndrom. Ausser die, die nicht daran glauben."

Text und Fotos: Rosa Röhm

Das im Förderbereich 1A des Jugend-Demokratiefonds geförderte Projekt startete Anfang 2021, um die Sichtweisen und Interessen einer marginalisierten Gruppe sichtbar zu machen. Insbesondere im Superwahljahr sollten auch junge Menschen mit Trisomie 21 Gehör finden und ihre Bedeutung in und ihre Teilhabe an dieser Gesellschaft wahrnehmen können. In Gruppen- und Einzelgesprächen tauschten sich die Projektteilnehmer:innen über ihre Vorstellungen, Wünsche und Ansichten aus und hielten diese in kreativen Texten fest.

Die Vernissage im silent green Kulturquartier stellte den Abschluss des deutschlandweiten Projekts dar und eröffnete allen Teilnehmenden die Imagination einer Welt, in der alle Menschen Trisomie 21 haben – die COOOLE WELT. Es herrschte eine ausgelassene Atmosphäre in dem Raum, in welchem viele junge Menschen mit ihren Familien saßen. Rundherum hingen die Zeichnungen und Grafiken, die der Illustrator Eric Schneider in Absprache mit den Teilnehmenden zu ihren Texten entworfen hatte. Projektinitiatorin Meike Martens leitete die Runde ein. Sie schilderte, wie aufregend die letzten Monate waren. Auch, wie die Corona Maßnahmen sie vor die Herausforderungen eines digitalen und teilweise völlig neuen Arbeits- und Kommunikationsprozess stellten. Und wie sie das gemeinsam gemeistert hatten: „Der Prozess der letzten Monate selbst war bereits COOOLE WELT“, sagte sie.

Und dann ging es zu den Ergebnissen des Projekts. Doch statt einer klassischen Vorstellung überraschte eine besondere Methode: Eine kreative Spiel-Performance zeigte den Gästen, wie die COOOLE WELT ist. Wie sie riecht, wie sie sich anhört, anfühlt und was die Projektteilnehmenden in dieser tun würden. Dies ermöglichte eine offen gestaltete Gesprächsrunde, in der jede:r der Teilnehmenden – sei es assoziativ oder bedacht – zu Wort kam und seine:ihre Gedanken äußern konnte. So wurde beispielsweise festgestellt, dass die COOOLE WELT nach besonderen, fruchtigen, angenehmen Gerüchen, aber auch nach alten Socken und Unterhosen riecht. Kunst, Farben, Tinte und der Geruch nach frischgedrucktem wurde angesprochen. Und wonach sie auch riecht: „Nach ewiger Jugend.“ Außerdem wird in der COOOLEN WELT Musik gehört, von Rockmusik, über Opern hin zu entspannenden Klängen. Als gefragt wurde, was in der COOOLEN WELT gefühlt wird, war die erste Antwort: „Liebe.“ Die anderen schlossen sich in ihren Antworten an: „Wärme.“ – „Meine Freundinnen.“ – „Mein Herz.“ Eine Person äußerte, dass sie sich auch traurig fühle in der COOOLEN WELT. Auch in den Texten und Illustrationen der Projekteilnehmer:innen lässt sich erkennen, dass der Wunsch nach einer bedingungslosen Akzeptanz, nach einem freundlichen und toleranten Umgang miteinander bei den Teilnehmer:innen besteht.

Einer der Teilnehmenden, Arthur Hackenthal, schreibt in einem seiner Texte: „Ich möchte, dass alle Menschen die gleichen Rechte haben vor allem Menschen mit Behinderung, das steht auch jetzt schon im Gesetz und in der UN Behindertenrechtskonvention, aber das funktioniert in Deutschland nicht. Behinderte müssen immer begutachtet werden das gibts in meiner coolen Welt nicht.“

Die dazugehörige Illustration zeigt einen Schwerbehindertenausweis, an den ein Feuerzeug gehalten wird. Leo Raffo ist 17 Jahre alt und schreibt: „Die Welt wäre dadurch anders, wenn alle genau wüssten, wie es ist, wenn manchmal eine Andersartigkeit, einen überwältigen kann.“

In der Spielperformance wurde auch deutlich, dass die Pandemie einen Belastungsfaktor für die Teilnehmenden darstellt. „Gesundheit“, darin waren sich alle einig, würde es in der COOOLEN WELT geben, dafür „kein Corona“ mehr. Was es in der COOOLEN WELT auch nicht gibt, das sind Flüchtlingsgrenzen. Jede:r ist willkommen. Auch die Thematik von Gleichberechtigung und gleicher Bezahlung wird angesprochen. Der Grundbetrag für Menschen mit Behinderung, die in einer Werkstatt arbeiten, wird im Januar 2022 lediglich bei 109 Euro liegen. Daneben gibt es noch einen variablen Steigerungsbetrag und ein Arbeitsförderungsgeld, welches derzeit bei 52 Euro liegt (Quelle: www.lebenshilfe.de). In Anbetracht der danach tragenden staatlichen Hilfestellungen, die an die aktuelle Inflationsrate nicht im Ansatz heranreichen, stellt dies ein weiterhin relevantes Thema für die politische Debatte um Teilhabe, Wertschätzung und Zugehörigkeit von Menschen mit Behinderungen dar. Großen Raum nahm auch das Bedürfnis ein, für andere Menschen da zu sein: Obdachlosen, armen und bedürftigen Menschen wird in der COOOLEN WELT zugehört und geholfen.

Am Ende der Vernissage gab es Raum für Austausch. Jede:r der Teilnehmenden konnte ein Stück der COOOLEN WELT mit nach Hause nehmen. Die Texte und Bilder wurden ausgedruckt und ihnen mitgegeben. Die Bilder werden ausgestellt im Haus der Nachbarschaft und können auch online zusammen mit den Texten der Teilnehmer:innen angesehen werden unter www.cooolewelt.jetzt.

Alle Informationen rund um das Projekt sowie die Texte und Bilder der Teilnehmenden finden sich hier.