Demokratie. Geschichte. Für Alle.

In unserem Projekt „Demokratie. Geschichte. Für Alle.“ entwickelten wir zusammen mit Lehrenden und Schüler:innen der Finkenkrug-Schule in Charlottenburg-Wilmersdorf (Förderschwerpunkt geistige Entwicklung) ein inklusives Lernformat zum Thema Diskriminierung. Dabei waren die Schüler:innen eng in den Entstehungsprozess eingebunden, denn es war uns wichtig, dass Menschen, die häufig selbst von Diskriminierung betroffen sind, persönlich zu Wort kommen. Das Ergebnis kann in der Lern-App „Disco – Lernen für Alle“ von allen Menschen kostenlos genutzt werden.

Warum haben wir uns für dieses Projekt entschieden?

Der Bidigi e.V. entwickelt seit 2021 mit seinen Kooperationspartner:innen Lernangebote und historisch politische Bildungsprojekte rund um die Fragen von Inklusion, Partizipation und digitaler Bildung. Um ein höchstmögliches Maß an Partizipation zu erreichen, entwickeln wir unsere Projekte gemeinsam mit der jeweiligen Zielgruppe.

An regulären Schulen werden Themen rund um Demokratie im Geschichts- oder Politikunterricht behandelt. Es wird nebenbei über Mut, Zivilcourage und Widerstand gesprochen und die Schüler:innen bekommen nicht nur Zugang zum kollektiven Gedächtnis, sondern auch wesentliche Werte wie Demokratieverständnis und Mitbestimmung vermittelt. Dies gilt allerdings nur für Schüler:innen, die die zumeist kognitiv-sprachlichen Inhalte auch verarbeiten können. Schüler:innen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung können aus diesen Lehrangeboten kaum Lernerfahrungen ziehen. So fehlt ihnen der Zugang zum kollektiven Gedächtnis der Gesamtgesellschaft sowie die Möglichkeit, über die geschichtliche Auseinandersetzung demokratische Werte vermittelt zu bekommen. Der gesellschaftlichen Diskussion hingegen fehlt die wichtige Perspektive von Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen.

Dies ist beim Thema Diskriminierung besonders schwerwiegend, wenn Menschen aufgrund ihrer geistigen Einschränkung erstens Diskriminierung erfahren, sich zweitens nicht mit diesen Erfahrungen in der Gemeinschaft auseinandersetzen können und drittens ihre Erfahrungen in der Gesellschaft nicht gehört werden.

Was haben wir also gemacht?

In der Arbeit mit den Schüler:innen und ihren Lehrpersonen vor Ort in der Schule haben wir uns für die Methode des Design Thinking entschieden. Design Thinking ist ein kollaborativ-iterativer Prozess zur Lösung komplexer Probleme, um gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Dabei geht es darum, die Ausgangslage genau zu beobachten und zu analysieren und dabei nie die Zielgruppe und deren Bedürfnisse aus dem Blick zu verlieren, sondern diese in jedem Schritt aktiv einzubeziehen. Beim Design Thinking entstehen neue Ideen oder Innovationen, indem man verschiedene Blickwinkel und Positionen einnimmt, um auf ein bestimmtes Problem zu schauen.

In der ersten Phase unseres Prozesses tauschten wir uns mit den Lehrpersonen an der Finkenkrug-Schule aus und erfuhren viel über die pädagogische Arbeit mit den Jugendlichen. Dort wurde uns auch bestätigt, dass demokratisches und historisches Lernen nur wenig Platz im Unterricht hat, da die Materialien hierzu oft nicht verständlich genug sind.

Im direkten Kontakt mit den Schüler:innen wurde schnell klar, dass wir uns dem Thema noch niedrigschwelliger nähern müssen und den Themenkomplex „Demokratiegeschichte“ auf ein konkretes Beispiel herunterbrechen müssen – Diskriminierung. Es ging darum, den Begriff “Diskriminierung” zu verstehen und einen Bezug zur Lebenswelt der Jugendlichen, die selbst häufig von Diskriminierung betroffen sind, herzustellen. Daher haben wir uns in bei der Entwicklung von konkreten Handlungsstrategien dafür entschieden, uns mit Diskriminierungserfahrungen der Zielgruppe zu befassen und daraus allgemeine Inhalte zum Thema abzuleiten (Formen von Diskriminierung, Gesetze gegen Diskriminierung, Handlungsmöglichkeiten für Betroffene und Verbündete, etc.).

Diese Erkenntnisse flossen in die Entwicklung von Inhalten für eine Lernplattform ein. Dabei legten wir Wert auf einfache Sprache, kurze Texte, leicht verständliche Beispiele, Abwechslung (Quizfragen, Videos, Bilder, etc.). Das Team von Bidigi hat die Inhalte in der Lern-App „disco“ umgesetzt, damit sie auch zukünftig von den beteiligten Jugendlichen sowie der interessierten Öffentlichkeit genutzt werden können (Apple: https://bit.ly/Disco_Apple und Android: https://bit.ly/Disco_PlayStore).

Im Rahmen des Evaluationsprozesses haben die Jugendlichen die Inhalte auf der Lern-App getestet und Feedback gegeben, welches in die weitere Entwicklung einfließt. Besonders gefreut hat uns, dass die Lehrkräfte der Finkenkrug-Schule das Lernangebot auch für die zukünftige Arbeit mit ihren Schüler:innen nutzen möchten. Eine der wichtigsten Erkenntnisse war, dass natürlich auch die Schüler:innen eigene Vorurteile und diskriminierende Verhaltensweisen aufzeigen. Daher möchten wir gerne mit der Zielgruppe an weiteren Themen, wie z.B. Antisemitismus, arbeiten, um niedrigschwellige Zugänge zu schaffen – für die Schüler:innen der Finkenkrug-Schule und alle anderen, die sich für diese spannenden Themen interessieren.

Kontakt
Bidigi e.V.
Ansprechperson: Fabian Eckert
E-Mail: fabian.eckert@bidigi.de
Tel: 0176 617 436 61
Web: www.bidigi.de