Projektreportage: SOCIAL M3DIA+
In einer Gesellschaft in der demokratische Prozesse in den Hintergrund gerückt werden, lernen Kinder hier ihre Welt gemeinsam zu gestalten.
In einer Gesellschaft in der demokratische Prozesse in den Hintergrund gerückt werden, lernen Kinder hier ihre Welt gemeinsam zu gestalten.
Demokratie hat sich für viele Kinder und Jugendliche in der Zielgruppe des offenen Jugendtreffs M3+ in Berlin Marzahn zu einem abstrakten Begriff entwickelt. Durch die Initiative der Mitarbeitenden der Einrichtung und dank der Förderung durch STARK Gemacht!, haben die Besucher:innen des Jugendtreffs nun die Möglichkeit, demokratische Prozesse auf kreative und spielerische Weise kennenzulernen. Das Projekt verbindet die Erstellung von Social Media-Inhalten mit dem Nachbau der Einrichtung und Umgebung im Computerspiel Minecraft. Hier werden die Teilnehmenden in allen Bereichen in die Entscheidungen miteinbezogen und können gemeinsam Inhalte erstellen und müssen ihre Entscheidungen vor den anderen begründen und als Team Lösungsansätze erarbeiten. In diesem Projekt begegnen sich Teilnehmende sowie Mitarbeitende auf Augenhöhe und können voneinander lernen. Die Faszination, mit der Kinder und Jugendliche darin aufgehen, Funktionen des Spiels zu erklären, die noch nicht bekannt sind, oder versteckte Extras zu zeigen, ist wiederholt spürbar.
In einer Welt, in der Kinder sich an Erwachsenen orientieren sind, ist es bemerkenswert zu sehen, welche positiven Einflüsse nachhaltige gemeinsame Gestaltung innerhalb der Peer-Group auf das Selbstbewusstsein hat. Sie zeigen bemerkenswerte Kreativität und Souveränität, wenn sie die Regeln und Inhalte des Projekts gestalten dürfen und in der Lage sind, neuen Teilnehmenden zu erklären, wie das Projekt bisher gestaltet wurde und ihnen auch Freiräume und die Möglichkeit zum Mitwirken einräumen möchten.
Zu Projektbeginn verzeichneten die Teilnehmenden unterschiedliche Minecraft und Social Media-Erfahrung. Einige hatten bereits umfangreiche Erfahrung in bestimmten Feldern, während andere von Grund auf neu lernten. Insbesondere Neulinge lernten durch den offenen Charakter des Projekts viel dazu. Die Beobachtung, wie sie im Projektverlauf gestalterisches und kreatives Denken entwickeln konnten, war bemerkenswert. Die Teilnehmenden entschieden sich bereits früh dafür ohne Mods, Zusatzfunktionen die die Inhalte im Spiel erweitern, zu bauen. Dadurch wurden sie vor viele gestalterische Herausforderungen gestellt. So werden Stühle durch eine Kombination aus Treppen und Schildern dargestellt, Wasserhähne mit Hebeln und Tische aus einer Kombination aus Zäunen und einer Falltür.
Die Kooperationsbereitschaft zwischen den Kindern und Jugendlichen steigerte sich im Laufe des Projekts zunehmend. Zunächst sah man viele eigenständige Anstrengungen, doch mit der Zeit nahm die Teamarbeit zu. Ursprünglich konkurrierten viele darum, die besten Räume zu bauen, doch später ließen sie sich mehr von den Ideen anderer inspirieren.
Die Auseinandersetzung mit dem Social Media Bereich regte die Kreativität der Kinder noch weiter an. Mit zunehmender Beschäftigung wurden die Ideen immer origineller und lebendiger. Kinder entdeckten die Kamerafunktion des Tablets und Smartphones auf eine neue Art. Durch das Ausprobieren im Umgang mit unterschiedlichen Perspektiven, Aufnahmemodi und Kameraeinstellungen entwickeln die Jugendlichen zunehmend die Kompetenz ihre Vorstellungen in Video- und Fotoformaten umzusetzen.
Es war erfreulich festzustellen, dass die Kinder immer mehr das Ausmaß der Arbeit hinter einem Social Media Video verstanden. Sie verwandelten sich rasch von ausschließlich Konsumenten zu kreativen Gestalter:innen und lernten den Umgang mit Schnitt-Programmen.
Ebenfalls ist zu beobachten, wie einige Teilnehmer:innen Organisationskompetenzen entwickeln. Gerade diejenigen, die anfangs den Drang hatten, andere zu dirigieren und ihre Ideen aufzudrängen, erkannten mit der Zeit, dass diese Herangehensweise wenig fruchtbar war. Sie entwickelten ein besseres Verständnis dafür, wie wichtig es ist, Raum für die Beiträge aller zu schaffen.
Eine Herausforderung bestand darin, den Kindern und Jugendlichen genügend Freiraum zur kreativen Entfaltung zu geben, während gleichzeitig eine klare Struktur aufrechterhalten werden sollte. Die Aufgaben wurden in überschaubare Teilaufgaben unterteilt, was zu einer erfolgreichen und konzentrierten Arbeitsweise der Teilnehmenden führte. Das Ausmessen der Räume wird von einer Gruppe übernommen, während die anderen bereits überlegen wie man Herausforderungen begegnen kann. Es werden bereits Verbindungen und Mechanismen durch Redstone Blöcke erstellt, um Lampen mit Energie zu versorgen. Auch während dem Bauen der Räumlichkeiten teilen die Teilnehmer:innen sich in kleinere Gruppen auf. Dabei kümmern die einen sich um die Wände und Decke der Räume während die anderen sich um Inneneinrichtung kümmern.
Während des Projekts gab es viele unterhaltsame und bewegende Momente, die von den Ideen der Kinder und ihren Ansätzen zur Problemlösung herrührten. So wurde auch den Teilnehmenden schnell klar, dass es wahrscheinlich keine gute Idee ist, bei einem Konflikt hunderte (natürlich digitale) Katzen in den Raumkreationen der anderen auszusetzen, sondern nach gemeinsamen Lösungsansätzen zu suchen. Auch wenn die Funktion von TNT in Minecraft noch immer zur digitalen Sicherheit aller Beteiligten deaktiviert ist, beobachtet das Team des Social M3dia+ Projekts, dass kontinuierliche Bemühungen Veränderungen bewirken können. Kinder, die anfangs Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit hatten, konnten durch die Schaffung einer gemeinsamen Begeisterung für das Spiel und die kreative Arbeit neue Verhaltensweisen entwickeln.
Durch die kontinuierliche Durchführung des Projekts haben sich die Vorteile eines gemeinsamen Arbeitens bei den Jugendlichen etabliert. Ein Verständnis für demokratische Prozesse wird auf spielerische Weise an die Teilnehmer:innen vermittelt. Diese nutzen die Chance sich einzubringen, eigene Meinungen zu entwickeln und zu vertreten aber auch andere in ihrer Meinung zu akzeptieren. Minecraft hat sich dabei als hervorragendes Medium etabliert diese Prozesse bei Jugendlichen anzustoßen.
Nun steht der Nachbau der Einrichtung kurz vor der Fertigstellung. Die Jugendlichen möchten sich nun verstärkt auf die Produktion der Social Media Beiträge konzentrieren und die bestehenden Videos fertigstellen und überarbeiten. Anschließend wird die Umgebung der Einrichtung ebenfalls in Minecraft nachgebaut. Den Teilnehmenden demokratische Prozesse zu vermitteln, hat sich bereits während der Durchführung sehr erfolgreich etabliert. Die Wahrnehmung von Konflikten als solche hat sich bei den Jugendlichen verändert. Sie fangen an einen Konflikt als Potenzial zur persönlichen Entwicklung zu sehen und den eigenen Horizont zu erweitern anstatt wie vorher nur auf die eigene Perspektive zu beharren. Trotz dieser bereits bestehenden Erfolge ist natürlich eine kontinuierliche Arbeit mit dem Thema nötig, um weitere Jugendliche zu erreichen und bestehende Teilnehmende langfristig an die Einrichtung zu binden und die im Projekt erarbeiteten Ergebnisse zu vertiefen.
Der Bericht wurde verfasst von Patrick Schäfer vom Jugendclub DRehKreuz
Kontakt
DRK Kreisverband Berlin-Nordost e.V.
Kinder-, Jugend- und Freizeitzentrum DRehKreuz
Ansprechperson: Patrick Schäfer
E-Mail: patrick.schaefer@drk-berlin-nordost.de
Web: www.drk-berlin-nordost/jugndzentrum-m3plus
Der Jugend-Demokratiefonds Berlin ist ein Beitrag, um demokratische Strukturen, Partizipation und die Arbeit gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus in Berlin weiter auszubauen. Er soll zu neuen Projektideen und Projekten ermutigen und sie unterstützen.
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